Die Eroberung von Plassans by Zola Emile

Die Eroberung von Plassans by Zola Emile

Autor:Zola, Emile [Zola, Emile]
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2010-02-21T23:00:00+00:00


Kapitel XV

Eines Freitags war Frau Paloque, als sie die Kirche SaintSaturnin betrat, ganz überrascht, Marthe zu erblicken, die vor der SaintMichelKapelle kniete. Abbé Faujas nahm die Beichte ab.

Sieh mal einer an! dachte sie. Hat sie also endlich das Herz des Abbés gerührt? Ich muß hierbleiben. Es wäre lustig, wenn Madame de Condamin käme.

Sie nahm weiter hinten einen Betstuhl, kniete halb nieder, das Gesicht zwischen den Händen, wie in ein glühendes Gebet versunken; sie schaute zwischen den gespreizten Fingern hindurch. Die Kirche war sehr düster. Marthe, deren Kopf auf ihr Meßbuch hinabgesunken war, schien zu schlafen; sie hob sich wie eine schwarze Masse vom Weiß eines Pfeilers ab, und von ihrem ganzen Wesen lebten allein ihre Schultern, die sich unter schweren Seufzern hoben und senkten. Sie war so tief zerknirscht, daß sie sich bei jedem neuen Beichtkind, das Abbé Faujas abfertigte, übersehen ließ. Der Abbé wartete eine Minute, wurde ungeduldig, pochte mit kleinen, trockenen Schlägen gegen das Holz des Beichtstuhls. Wenn dann eine der Frauen, die dort waren, sah, daß Marthe sich nicht rührte, entschloß sie sich, ihren Platz einzunehmen. Die Kapelle leerte sich. Marthe verharrte reglos und vor Wonne vergangen.

Die tat es gehörig gepackt! sagte sich die Paloque. Es ist unanständig, sich so in einer Kirche zur Schau zu stellen ... Ah! Da ist ja Madame de Condamin.

Tatsächlich kam Frau de Condamin herein. Sie blieb einen Augenblick vor dem Weihwasserbecken stehen, zog ihren Handschuh aus und bekreuzigte sich mit einer hübschen Handbewegung. Ihr Seidenkleid rauschte in dem zwischen den Stühlen frei gelassenen schmalen Gang. Als sie niederkniete, erfüllte sie das hohe Gewölbe mit dem Rascheln ihrer Röcke. Sie hatte ihre leutselige Miene aufgesetzt, sie lächelte der Finsternis der Kirche zu. Bald blieben nur noch sie und Marthe übrig. Der Abbé wurde böse, pochte stärker gegen das Holz des Beichtstuhls.

»Madame, Sie sind an der Reihe, ich bin die letzte«, flüsterte Frau de Condamin entgegenkommenderweise und neigte sich zu Marthe herab, die sie nicht erkannt hatte.

Diese wandte das Gesicht ab, ein vor Nervosität schmal gewordenes, vor außerordentlicher Gemütsbewegung bleiches Gesicht; sie schien nicht zu verstehen. Mit zuckenden Lidern erwachte sie gleichsam aus einem verzückten Schlummer.

»Na, meine Damen, na?« sagte der Abbé, der die Tür des Beichtstuhls einen Spalt öffnete.

Frau de Condamin erhob sich lächelnd und gehorchte der Aufforderung des Priesters. Aber Marthe ging, nachdem sie sie erkannt hatte, urplötzlich in die Kapelle; dann fiel sie wiederum auf die Knie, verharrte in drei Schritt Entfernung.

Die Paloque amüsierte sich großartig; sie hoffte, die beiden Frauen würden sich in die Haare geraten. Marthe mußte alles verstehen, denn Frau de Condamin hatte eine flötenhelle Stimme; sie plapperte ihre Sünden herunter, sie belebte den Beichtstuhl mit köstlichem Klatsch. Einmal lachte sie sogar ein leises ersticktes Lachen, bei dem Marthes leidendes Gesicht hochsah. Übrigens war sie schnell fertig. Sie ging davon, da kam sie zurück; immerzu plaudernd, beugte sie sich nieder, kniete aber nicht.

Diese große Teufelin macht sich über Madame Mouret und den Abbé lustig, dachte die Richtersfrau; sie ist zu durchtrieben, um ihr Leben zu zerrütten.

Endlich zog sich Frau de Condamin zurück.



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